Genesis - Be' Reschit - Die Geheimnisse der biblischen Schöpfungsgeschichte
Dasjenige, was man die Genesis nennt, beginnt nicht mit der Darstellung irgendeines Sinnlichen, nicht mit der Darstellung von irgend etwas, was Augen sehen könnten in der äußeren physischen Welt. Worin besteht denn eigentlich das ganz Eigenartige dieser Urworte? Es besteht darin, daß sie in hebräischer Sprache geschrieben sind, in einer Sprache, die ganz anders auf die Seele wirkt, als irgendeine moderne Sprache wirken kann. Wenn diese Sprache, in der die ersten Partien der Bibel uns zunächst vorliegen, heute auch nicht mehr so wirkt, einstmals hat sie so gewirkt, daß, wenn ein Buchstabe durch die Seele lautete, ein Bild in ihr wachgerufen wurde. Die Sprache der ersten Partien der Bibel, war eine Art von Mittel, aus der Seele herauszurufen bildhafte Vorstellungen, welche nahe heranrückten an die Gesichte, die der Seher erhält, wenn er fähig wird, leibfrei zu schauen in die übersinnlichen Partien des Daseins.
Wir drücken durch die Sprache das aus, was wir eben sagen wollen, und in den Worten der Sprache soll das in einer gewissen Weise veranschaulicht werden, was in unserer Seele lebt. In der Art, durch die Sprache auszudrücken, was in unserer Seele lebt, unterscheiden sich die verschiedenen Epochen der Menschheitsentwickelung gar sehr. Und wenn wir zurückgehen würden in die Epoche der althebräischen Entwickelung, zu jener wunderbaren Ausdrucksweise, die noch möglich war in der althebräischen Tempelsprache, da würden wir eine ganz andere Art finden, die Geheimnisse unserer Seele in Worte zu kleiden, als die Menschen heute auch nur ahnen. Wenn ein Wort angeschlagen wurde in der althebräischen Sprache - es wurden ja nur die Konsonanten geschrieben, die Vokale wurden dann ergänzt -, so tönte in dieses Wort hinein nicht nur das, was heute hineintönt, ein ziemlich abstrakter Begriff, sondern eine ganze Welt. Und gerade deshalb wurden die Vokale nicht eigentlich ausgeschrieben, weil derjenige, der das sprach, gerade in der Art und Weise der Vokalisierung sein Innerstes gab, während in den Konsonanten mehr die Schilderung, die Abmalung dessen, was draußen ist, lag. Man darf sagen, daß zum Beispiel ein alter Hebräer, wenn er ein B hinzeichnete - das, was unserem heutigen B entspricht -, immer so etwas fühlte wie eineAbmalung von äußeren Verhältnissen, von etwas, das eine warme, hüttenartige Umschließung bildet. Der Buchstabe B rief immer hervor das Bild von etwas, was hausartig ein Wesen umschließen kann. Man konnte das B nicht aussprechen, ohne daß das in der Seele lebte. Und wenn man ein A vokalisierte, so konnte man das nicht, ohne daß in dem A etwas lebte von Stärke, von Kraft, ja selbst von hinstrahlender Kraft. So lebte die Seele weiter; es schwebte der Seeleninhalt mit den Worten hinaus und schwebte weiter in den Raum und schwebte zu den anderen Seelen hin. Also es war eine viel lebendigere Sache, das Sprachliche. Es ging viel mehr auf die Geheimnisse des Daseins ein als unsere Sprache.
Wir können uns dies noch deutlicher machen, wenn wir uns bis in das graue Altertum zurückversetzen und uns die sieben indischen Rishis vor den Geist stellen. Würden wir ihre äußere Gestalt betrachten, so würden wir nichts anderes vor uns sehen als schlichte, einfache Männer, ja, als Bauern vielleicht, aber in sich bergend ihren inneren Wesenskern. Hellseherisch würden wir sie aber erblicken in einer großen strahlenden Aura; aus ihrem Innern heraus würden Wärmeflammen sich ergießen in ihre Umgebung. Damit aber die größte kosmische Weisheit in ihren Wesenskern eindringen konnte, mußten alle sieben zusammen beieinander sein. Gleich der Skala von sieben Tönen eines Instrumentes, wurden sie berührt von der Göttlichkeit. Und die Sprache, die sie redeten - für uns würden es unverstehbare Laute sein. Wie war denn in dieser uralten Zeit die Sprache? Wir können uns heute kaum einen Begriff davon bilden, denn unsere heutige Sprache ist im Gegensatz zu jener eine aus Begriffen philiströs zusammengesetzte, von Logik durchzogene. Zur Zeit der Rishis war der Klang dasjenige, was, wenn er ertönte, Bilder aufsteigen ließ vor dem inneren Auge. Woher stammt denn eigentlich die Sprache? Aus welchem Urgrund kam sie? Die alten Weisen hatten sie heruntergeholt aus den Sternen. Der Tierkreis war für sie die Zeichenschrift am Himmel, die Schrift der Gottheit. Der Tierkreis vergegenwärtigte die Konsonanten, die Planeten die Vokale, und je nachdem sie ihre Bahn veränderten innerhalb des Tierkreises, lasen die Weisen den verschiedenen Sinn der himmlischen Weisheit.So waren also die Körper der Rishis auch Maya, welche den inneren göttlichen Wesenskern verhüllte.
Wir haben die sieben Runden (Sieben Lebenszustände - Runden) als die sieben Schöpfungstage
in der Bibel. Die drei ersten Schöpfungstage sind vergangen, im vierten Schöpfungstage stehen wir jetzt, unddie drei letzten Schöpfungstage werden noch kommen. Die drei ersten Schöpfungs-
tage der Genesis stellen die vergangenen Runden dar, in den drei letzten wird angedeutet, was in
der Zukunft kommen wird. Richtig aufgefaßt will Moses mit der Beschreibung des vierten Schöpfungstages sagen, daß wir in der vierten Runde leben; er beschreibt auch den vierten Schöpfungstag besonders. Deshalb finden Sie auch in der Genesis eine zweifache Schöpfung.
Diejenigen, die die Bibel nur mit dem Verstande messen, können das niemals verstehen. Der Mensch des siebenten Schöpfungstages ist noch nicht erschaffen. Daß der Mensch aus Ton und Lehm gemacht ist, ist ein Sinnbild für unsere vierte Runde. Die zweifache Schöpfung sagt uns in bildlicher Form von dem Geschaffenen, von dem Zustand, indem wir uns jetzt befinden, und von
dem Zustand am Ende der siebenten Runde. Wenn wir das durch die Bibel Überlieferte so
ansehen, dann kommt plötzlich ein Sinn aus diesen Urkunden, den wir früher nicht ahnen konnten.Nun wird die Menschheit endlich sehen, daß darin ein so tiefer Sinn liegt, daß man fast ein anderer Mensch werden muß, um ihn zu verstehen.